Der Oktober in Berlin ist traditionell ein heisser Monat. Da ist die Sexmesse Venus, unser PorYes - Feminist Pornfilm Award und das Pornfilmfestival. Wirsagten ja damals voraus: Wenn der Stern der Venus untergeht, dann kommt PorYes! - Wie sieht es also 2024 aus? Aus der queeren Szene wurden zumindest schon mal Slogans und Bebilderung übernommen. Das wäre ohne den unermüdlichen Einsatz der sexpositiven Feministinnen nicht denkbar gewesen. Jahrzehntelang bestand die Werbung der Venus aus sexistischen Plakaten, auf denen sich eine weiße Blondine und eine Brünette räkelten. Seid 2022 darf eine POC-Frau auf dem Plakat mit posieren und 2023 wurde mit dem Motto „Sei du selbst“ die seit über 40 Jahren in der Frauenbewegung formulierte Notwendigkeit, Normierungen zu hinterfragen, übernommen. Geworben wird nun auch mit Personen verschiedener Gender, sexueller Vorlieben und diversen Spielarten. Das diesjährige Plakat sieht aus wie eine Werbung für eine queere Sexparty. Entwicklung ist also möglich.
Die Änderung bedeutet vor allem, dass mit sexistischen und rassistischen Botschaften nicht mehr gewinnbringend geworben werden kann. Das ist als ein Erfolg zu verbuchen. Gleichzeitig bleibt es eine Messe der Großindustrie, die keineswegs für faire Produktionsbedingungen oder fairen Handel steht. Produkte die nicht unter guten Bedingungen hergestellt werden, sollten sich mit aufgesetzten Werten kein gutes Image verschaffen können. Billigproduzierte Massenware verdreckt den Planeten und geht letztlich auf die Lebensqualität von allen.
Auf der größten internationalen Sexmesse ist das Verhältnis der Geschlechter immer noch äußerst einseitig und wer die Website der Venus durchscrollt, wird hinter dem bunten Aufmacher ausschließlich normierte Frauenkörper sehen, die Männern angeboten werden. Auf der Presse-Seite sind nur männliche Fotografen abgebildet. Mit der Werbung wird offensichtlich Queerwashing betrieben. Auch wenn es jetzt einen queeren wie einen Kink Space gibt, ist auch im alternativen Bereich der Hauptsponsor das größte Online-Sexkaufhaus, das von privaten Sendern als Investoren mit beworben und groß gemacht wurde.
Um es klar zu stellen: Natürlich ist sexuelles Posieren und Performen vollkommen legitim, es sind Sexarbeiterinnen – auch wenn das deutsche Gesetz sie nicht als solche definiert - und jede darf frei entscheiden, was sie tun möchte und wie sie ihr Geld verdient. Auf einer strukturellen Ebene ist gleichzeitig zu hinterfragen, warum Ungleichgewichte existieren und welche sozio-ökonomischen Umstände dazu führen. Da kommt dann Kapitalismus und Patriarchat ins Spiel und das darauf aufbauende Machtgefälle. Gerade die Pornindustrie wird extrem von wenigen male global playern bestimmt, die sich jetzt „Ethical Capital Partners“ nennen und Milliarden Umsätze mit der unendlichen Reproduktion der ewig gleichen und sich noch zuspitzenden vorrangig heterosexuellen Penetrationssexualität machen. Gleichzeitig ist es toll, dass immer mehr Frauen und queere Sexarbeiter*innen selbständig sind und ihre eigenen Inhalte kreieren. In der konkurrierende Flut an Sexangeboten auf den gängigen Portalen sind Profilierungen mit anderen Inhalten allerdings extrem schwierig. Umso wichtiger ist es, dran zu bleiben oder auch andere Darstellungen als feministisch zu kennzeichnen (auch wenn das schon manchmal als kommerzielles Label mißbraucht wird). Strategien der Veränderungen existieren viele, von innen unterwandern oder besser untervögeln ist eine, andere Wege außerhalb der Industrie zu beschreiten eine andere. Juristinnen unterbreiten gesetzliche Vorschläge zur Entstigmatisierung von Pornografie und Sexarbeit und wir führen mit
PorYes und „
Fuck the norms away“ sexualpolitische Aufklärungsarbeit durch. Das sind nur einige Beispiele, alle zusammen arbeiten wir an einer (sex-) positiveren Gesellschaft in Balance, die auch die Ökonomie miteinbezieht.Wir begrüßen also jeden Schritt in die sexpositive konsensuelle Richtung auch auf dem Planeten Venus!