Das zweite Gesicht oder: Du hast wohl den Arsch offen!

Gemeiner Meinung nach schauen Frauen anderen zu allererst ins Gesicht, um sich ein Bild von der ganzen Persönlichkeit zu machen. Und in der Tat lässt sich aus einem einmalig gekonnten Blick-Winkel durchaus schön das zweite Gesicht auf Anhieb erfassen.
„Von hinten betrachtet sieht ein Haus meist anders als von vorne aus“, tönt es noch weise aus dem letzten Loch der guten Stube. Und so kann je nach Einschätzung dies Bildnis alsbald zur „Allerwertesten“ promovieren, in der die Betrachterin allzu gerne ihr Gesicht verlieren möchte, oder sich platt auf ihre vier Buchstaben abzusetzen verlangt.
Diese Da-Hintern-Schau hat Geschichte(n).
Schon die alten Griechinnen wussten theoretisch und praktisch Position einzunehmen und machten aus ihrer POlitischen Präferenz einen Namen für nachhaltige Forschungen.
„Griechisch“ ist heute noch landübergreifend der Begriff für den damaligen analigen Normalverkehr und an den Gymnasien, gr. gymnos = nackt, wurden auch diese sinnlichen Reize als lernstimulierend für andere Bereiche gelehrt. Rosige Backen und Lachgrübchen waren offensichtliche Zeichen pragmatischer Denkerinnen, bes. der Cynikerinnen. Wohlangesehene und gebildete Hetären in Hellas zeigten sich Gästinnen als erstes von ihrer „besten Seite“ und bewegten beide Hälften mit Klasse. Zur Profilierung trug frau eine G-Binde (Gesäß-B.), frz. sous-tien-cul, die im Gegensatz zum heutigen Hüfthalter den Pfirsich groß rausbrachte; zudem einen B-Halter, der die Birnen kleinmachte. Ideal war das burschikose junge Modell und deren „Antlitz“, mit dem begehrt verkehrt wurde und außerdem keine fötalen Auswirkungen zeitigte. Die hinterste Verehrung fand ihre vielfältigen Ausdrücke auch in der Sprache und in der Göttin Kallypygos, für die sich ihre Fans arschtapfer anstellten.
Auch die Römerinnen liebten es „a tergo“ und gingen mit dieser Stoßrichtung in die Analen ein. Gestylt wurde in speziellen Studios, in denen mit heißem Öl, Harz und Pech Schöngeist à popo betrieben und rosige Einblicke gewährt wurden. Die „Rimadonna“ ist Kennerinnen ein Symbol, die auch in streng englischer Tradition gern gehabt wurde: to rim oder „riming“ sind hinterste Leckereien und Züngeleien. „Rosebud“ ist die Rosenknospe, die die schöne Rosette zu jenem Lustreich meint, auch als Filmtitel bekannt wurde und als Eau de toilette betört.
Französische Sophien wissen, woher die Winde blasen und wie sie riechen. „L'effeuille des roses“ dreht sich um die Entblätterung der Rosen, also der Arschbacken, um denselbigen begrüßenderweise die berühmten franz. Afterküsse links, rechts, links etc. zu verpassen. „Les fesses“, d.h. die Oberschenkel bis hin zur Felsenkluft (lat.fessum = Ritze), betonen die Schönheit dieser existentialistischen Sichtweise und in den „Magazins des fesses“ wurde diese Tracht professionell doziert. Frau kann sich dort von Liebkosungen über Reibungen bis zu Streichen und Prügeln alles abholen, auf dass die Bäckchen erröten und glühen. Heute noch endet manche Diskussion „dans les fesses“.
Im deutschen Gedenktum geriet die einstmals beliebte Haltung mehr und mehr ins Hinterntreffen. Obwohl zahlreiche Ausdrücke auf eine Fix- und Fetischisierung deuten, ist praktisch wenig Popositionswechsel denkbar deutsch. Dennoch sind und waren immer wieder Bewegungen zu verspüren, die sich um eine POsitive Aufwertung und offene Stellungnahme bemühten. Die „Analitas“ sind ganz groß am Kommen und schicken sich an, das Anal-Phabetinnentum zu bekämpfen. Modisch betont und mit „Rosebud“ parfümiert propagieren sie, sich stets ein Hintertürchen aufzuhalten, denn letztendlich ist doch alles für'n Arsch, oder?
Laura Méritt, Auszüge aus ihrem Buch „Lauras. Animösitäten und Sexkapaden“. Das queer-lesbische Sexwörterbuch

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Sexclusivitäten und Laura Méritt in den Medien