Fragen Sie Frau Dr. In
Liebe Magdalena,
ich habe mir ja schon lange gedacht, daß du so eine bist,
irgendwie andersrum, aber jetzt hab ich doch ein paar Fragen
an dich, so als alte Schulfreundin. Vielleicht klingt das ein
bißchen naiv, aber wie geht das denn mit dem lesbischen
Sex? Wie lernst du überhaupt eine kennen? Gibt es auch
Aufreißerinnen? Nur für eine Nacht, Sex ohne Liebe?
Und warum benehmen sich einige Lesben so wie Männer? Was
heißt Sex für euch? Ich habe gelesen, daß der
Geschlechtsakt nicht so wichtig ist, weil Lesben sich ohnehin
viel öfter zärtlich berühren. Gibt es dann nicht
die Missionarsstellung, von wg. Weihnachten ist öfter?
Und was passiert, wenn eine sich in eine Heterafrau verliebt?
Ich kann mir ja vorstellen, mit einer Frau zusammenzuwohnen,
aber wie die erotische Anregung zwischen gleich und gleich
...
NeuGierig Maria
Liebe Mary,
bei der Masse an Fragen, die du in deinem letzten Brief für
mich angehäuft hast - und das sicherlich nicht erst seit
meinem Coming-Out dir gegenüber - mußte ich erst
einmal laut und lustvoll stöhnen. Dann hab ich mich gemütlich
in die Horizontale geschmissen, um Licht in deine Dunkelkammer
namens Lesbianerin zu bringen!
Wie du jetzt ja weißt, bin ich schon vor Jahren ans andere
Ufer geschwommen und hab eigentlich auch in der Schule schon
lieber gemöst als geschwänzt. Unter Frauen hab ich
mich immer wohler und verstandener gefühlt und wie du
ja bestätigen kannst, braucht frau nicht so vieler mühsamen
Erklärungen, um dies oder jenes oder alles auf den G-Punkt
zu bringen. Da genügt oft eine Blick-Kontaktanzeige, um
wortlos zueinander zu finden. Und es ist so wunderbar, aus
dem sexuellen Dornmöschenschlaf wachgeküßt
zu werden, gerade von einer Frau, die ja weiß, wo´s
und wie´s, auch öfter, kommt. Ich hätte mir
nicht träumen lassen, daß es so viele verschiedene
Sexstasen gibt! Männer mußt du erst entcodieren,
einen Killer-Virus in ihre Schwanz-Programmierung einschleusen,
um sie aus dem Drama aus 3 Akten zu entreißen: meist
entfallendes Vorspiel - Hauptgang - Abschlaff. Von wegen Stimulation
= Simulation.
Also wenn du auch was davon haben willst, heißt das jede
Menge Nachhilfestunden in "Sachen" Sexualsubjekt
Frau. Auf und unter Lesben kannst du aus einer breiten Palette
an Möslichkeiten schöpfen, daß du nur noch
megasmierst. Und das reduziert sich nicht nur auf den soften
Vanilla-Sex, wie es immer so schön kuschelig an Bilitis-Bei-Spielen
dargestellt wird. Wir sind doch keine Vanilleschoten!! Das
geht über Einsetzen von Toys (Sex-Spielzeuge wie z.B.
Vibratorinnen, Dildos, bes. Slip-einlagen, usw.) bis zu Rollen-Spielen
und SM, eben spielerisches Experimentieren mit Lustig sein.
Und beim Out-Fit fängt´s schon an. Je nachdem, wie
du drauf bist, verkleidest du dich und zeigst so, welchen Sex
du haben willst bzw. für was du offen bist: Blümchenkleid
oder Lederkluft, Cowgirl oder Blaufrau, Putzfrau mit Teppichklopfer
oder Bulette mit Dildo-Halfter. Cross-Dressing heißt
das Szene-Motto. Oder du steckst dir bestimmte Accessoires
ab, so wie bei den Schwulen, die dann klar machen, auf was
du abfährst. Also z.B. dunkelpink farbiges Tuch bei einer
Linksträgerin heißt, daß sie auf Titten steht,
die Rechts-Trägerin ist eine Titten-Torte, die gerne vernascht
werden will. Rotweiße Streifen rechts ist eine Frimöse,
links mag rasierte Mösen. Jägerinnengrün steht
für Mutta-Tochter-Spiele, flanellgrau für anzügliche
Lesben und ein Kleenex einfach für eine tropfende Nase
... usw. Es gibt also einen ganzen Code für diese Spezificks.
Einige Lesben haben aber auch festgelegte Rollen, zumindest
was ihr äußeres betrifft. Sie sind dann entweder "butch" oder "femme".
Butches oder "Kesse Väter" kennst du bestimmt
besser, sind eher die sog. männlichen Ausgaben, während
Femmes die eher weiblichen sind. Aber wie gesagt, das sind
meist äußerliche Kriterien, denn auch die härtesten "Diesel
Dykes" sind zärtlich - es ist nicht alles butch,
was poltert - und die absoluten "Girly Girls" können
was vom Leder ziehn! Auch wenn du beobachtet hast, daß Lesben
wie Männer aussehen und sich so benehmen, heißt
das nicht, daß sie nicht auch mal aus der Rolle fallen
und zur Rahmen(ver)brecherin werden.
Anmache lauert an jeder Ecke, wenn du dich drauf einläßt.
Aber keine Panik! Es ist ganz wie bei den Heteros! Du kannst
dann auch schnell den Ruf einer Stadthusche gewinnen oder als
Gigola und Don Joanna dein Image pflegen. Das klingt jetzt
schwer nach Instant-Sex wie bei den Schwulen, wo angeblich
ein One-Night-Stand den nächsten jagt. Das ist aber nicht
ganz so. Denn wenn frau einen Anlegehafen gefunden hat, dann
ankert sie fest für längere Zeit.
Lesbische Beziehungen halten ziemlich lange, auch weil Frauen
in ihrem Verständnis füreinander und dem Bestreben
nach einer wie auch immer funktioniernden Freundinnenschaft
enorme Anstrengungen unternehmen. Die Rücksichtnahme kann
zuweilen dann auch dazu führen, daß überhaupt
kein Sex mehr stattfindet, aus Angst, die andere zu überrumpeln.
Dann rutschen die Triebe auf eine sapphonische Ebene, auf der
Sex nicht so wichtig scheint. Und natürlich gibt es auch
den Gähn-Effekt bei manchen Paaren, den langsamen Tod
in den Kissen. Oder einen Leistungs-Druck, wenn Frau Pflicht
ihre Partnerin kürt. Trotzdem sind manche Hafenbräute
offen für ein Lieben daneben und laufen öfters mal
aus. Auch um mal wieder was anderes zu probieren, was mit der
eigenen Festplatte nicht immer möglich ist. Du lernst
auch mit der Zeit, deine Bedürfnisse an bestimmten Tage
mit bestimmten Personen zu definieren. Manchmal ist mir einfach
nur zum liebmöseln zumute und einen speziellen Frauenkörper
zu erspüren.
Obwohl prinzipiell keine so starre Fixierung unter Lesben auf
ein Modell existiert, will frau doch verschiedene Typussys
kennenlernen und entwickelt dann Präferenzen. Oder ich
will mal Schulmädchen spielen und von der Sportlehrerin
zum Hecheln und an die Sprossenwand gehängt werden. Als
Krankenschwester liebe ich es, meiner Patientin den Puls im
Munterleib zu fühlen und ein Speculum einzuführen.
Und mit Dildos kannst du deine männlichen Seiten rauslassen
und Mann/Frau-Rollen über Bord werfen. Du fragst mich
bestimmt gleich, was viele Heteras kopfschütteln läßt,
anstatt auf ihre Hysteria (heißt übrigens "Unterleib")
zu hören, die freudig nicken würde: warum Lesben
denn nicht gleich einen männlichen (Schlaf)sack nehmen?
Die Antwort kommt aus der Simplex-Box: Dildos gibt´s
in allen Größen und Dicken, Formen und Farben, und
du kannst sie immer einsetzen, wann und wie du Hunger hast.
Es würde übrigens auch Männern gut anstehen,
sich mit ihren vermeintlichen Konkurrentinnen, also den Dildos,
anzufreunden, sofern sie schon entdeckt haben, daß Frauen
anders und mehr begehren als diesen einen seinen. Für
uns Lesben sind Dildos und andere Toys aber Spielzeuge, keine
Hilfsmittel oder Ersatzteile. Uns kümmert auch wenig,
ob ihr in den Formen einen Schwanz zu entdecken glaubt und
Freud mit seinen 3 Belagfrauen grüßen hört.
Es geht um Spaß an der Freud und nicht darum, ob wir
jetzt a-typisch männlich oder weiblich kommen oder gehen.
Wir wollen spielerisch erbeben, was alles in uns steckt, und
Frauen waren schon immer sehr flexibel im Ausfüllen verschiedener
Rollen.
Du kannst dir ja auch durchaus vorstellen, mit einer Frau zusammenzuwohnen,
weil es z.T. einfach unproblematischer ist und die andere sich,
sofern sie nicht gerade in einer Trotzphase ist, auch ungefragt
als Hausfrau bestätigt und weiteren Ansprüchen an
ein Zusammenleben entgegenkommt. Beim gemeinsamen Köcheln
kann es dann auch durchaus mal vorkommen, daß sich noch
was anderes erhitzt und ihr genüßlich ans schlemmen
rangeht. Oder ihr sitzt während der gemeinsamen großen
Wäsche gemütlich schnatternd auf der Waschmaschine
und wartet auf den Schleudergang. Die Umdrehungen könnt
ihr dann entsprechend einstellen, gell? Wenn du dich fallen
läßt, werdet ihr gemeinsam viel Späßchen
haben. Du mußt es aber nicht. Keine Angst, Lesben sind
nicht nur auf Sex aus, obwohl Sex und vor allem Erotik natürlich
einen beachtlichen Mehrwert für uns darlegt. Aber wir
sind keine Nymphomaninnen, die beim Anblick von Frauenfleisch "zwangsläufig" werden.
Das gehört eher zum Kapitel sexueller Cliché-Pflege
aus der Hetero-Männerwelt und verhindert bewußt,
daß Frauen zusammen kommen.
Umgekehrt gab und gibt es in der Lesbenszene z.T. immer noch
ein unausgesprochenes Verbot, mit Heteras zu verkehren, geschweige
denn mit Typen. Was eigentlich Quatsch ist, denn wie wir alle
wissen, Gelegenheit macht Lesben. Und außerdem sind die
wenigsten von uns als "Baby Dykes" aufgewachsen,
also in der Wiege schon lesbisch am Schaukeln gewesen, sondern
haben im Laufe der Zeit nach mehr oder weniger Erfahrungswerten
ihr So- oder Anders-Sein entdeckt. Es kommt ja auch immer wieder
vor, daß Lesben sich in Heteras verlieben, gerade weil
die sich so straight geben und sich zieren, was eine zusätzliche
Aufreizung sein kann ... Oder ihr fühlt euch von einer
von uns angezogen, kokettiert wie die Mode ja überhaupt
mit einem androgynen Out-Fit, laßt euch ins Netz nehmen
und schwimmt mal rüber. Manche bleiben dann auf Lesbos
kleben, andere verlassen die Insel wieder und kehren auf den
heimischen Kontinent zurück. Aber vielleicht doch mal
wieder urlauben und walden unter Frauen?! Genauso gibt es in
unserm Lager Lesben, sog. Bifis, die ab und an sich ein Exemplar
männlicher Sorte zuführen und dieses "es" mal
wieder wissen wollen. Jeder, wie es ihr gefällt.
Okay Maria, hoffe, daß einige rote Lämpchen entflammt
sind und vergiß nicht: Let´s have fun!
Feuchte Grüße
Deine Magdalene alias Lene